Wenn der Bauch sich bläht und blubbert

Chinesisch-deutsche Tipps bei Verdauungsproblemen und Müdigkeit

Probleme mit der Verdauung zählen zu den häufigsten Beschwerden im Alltag. Akupunktur und eine Ernährungsberatung können sehr hilfreich sein.

Probleme mit der Verdauung zählen zu den häufigsten Beschwerden im Alltag. Akupunktur sowie eine ganz auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Ernährungsberatung können sehr hilfreich sein.

Es gibt kaum Beschwerden, die so häufig vorkommen wie bei der Verdauung. Das ist jedenfalls meine Praxiserfahrung. In der Regel spricht man ja nicht mit jedem über die ständigen Blähungen, die einem unangenehm sind – auch nicht über die quälende Verstopfung oder den wiederkehrenden Durchfall. Verdauung und Stuhlgang sind Tabuthemen. Wenn der Arzt keine organische Ursache für die Beschwerden feststellen kann, spricht man von funktionellen Störungen. Nicht bedrohlich, aber äußerst unangenehm. Die Symptome reichen vom Blubbern und viel Luft im Bauch, manchmal auch krampfartigen Schmerzen, drängendem Stuhlgang, bisweilen auch Verstopfungssymptomen. Manchmal beginnen die Symptome nach laktosehaltigen Lebensmitteln, manchmal nach fettigen Speisen, aber etliche PatientInnen berichten, dass sie nicht wirklich wissen, was die Probleme eigentlich auslöst.

Ich esse doch so gesund!

Ein Satz, den ich häufig als Einleitung des Anamnesegesprächs höre: „Ich ernähre mich sehr gesund, und trotzdem habe ich diese schlimmen Verdauungsprobleme.“ Diese bestehen häufig aus den folgenden Symptomen, die aber nicht alle gleichzeitig auftauchen müssen:

  • Blähungen
  • Völlegefühl oder starke Müdigkeit nach dem Essen
  • weiche, breiige Stühle (manchmal auch durchfallähnlich)
  • Schwächegefühl in Beinen und Armen – kann auch mit Kältegefühl kombiniert sein
  • geschwollene Füße und / oder Beine
  • Neigung zu depressiver Stimmung

Nehmen wir als Beispiel eine Patientin mit diesen Symptomen. Sie hält ihre Ernährung für „sehr gesund“, weil sie ungefähr diesen Speiseplan einhält:

  • Joghurt und frisches Obst zum Frühstück, manchmal eine Scheibe Vollkornbrot mit Frischkäse, Orangensaft wegen des hohen Vitamin C Gehalts
  • mittags einen knackigen Salat
  • zwischendurch mal einen Schokoriegel oder ein süßes Teilchen aus der Bäckerei, und wenn sie richtig gut drauf ist, hat sie sich eine Box mit Rohkost-Schnitzen auf die Arbeit mitgenommen
  • abends belegte Brote, ein paar aufgeschnittene Tomaten und Gurken. Manchmal wird gekocht, Nudeln mögen zuhause alle am liebsten. Oft wird es erst 20 Uhr oder später, bis alle zusammen am Esstisch sitzen.

Außerdem gibt sie sich große Mühe, ausreichend zu trinken und hat meistens eine Flasche Mineralwasser dabei.

An diesem Punkt in der Anamnese weiß ich bereits, was neben der Akupunkturbehandlung ein ganz entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Therapie sein wird: Die Patientin (dasselbe gilt natürlich auch für Männer) muss auf gekochte Speisen umsteigen. Den ganzen Tag über isst sie vorwiegend kalte Kost. Diese ist nicht nur kalt = roh, sondern aus chinesischer Perspektive auch noch energetisch kalt wie z.B. Tomaten, Gurken, Zitrusfrüchte (Orangensaft), Salat, Joghurt usw.. Sprudelndes Mineralwasser gilt übrigens als eiskalt! Der Körper und seine Verdauungsenergie ist damit häufig überlastet und reagiert entsprechend.

Kaltes Essen, heißer Stress – die Verdauung macht schlapp

In unserem Kulturkreis werden immer wieder bestimmte Diäten oder Ernährungspläne als wahnsinnig gesund empfohlen, obwohl sie einfach nicht zu jedem Menschen passen: Rohkost zum Beispiel. Es gibt natürlich Leute, die ohne weiteres viel rohes Gemüse und Obst essen können, ohne einen Blähbauch oder die oben genannten Schwächegefühle zu entwickeln. Aber eben nicht die meisten.

Hinzu kommt, dass unser Alltag oftmals sehr hektisch ist; Stress durch ständiges Multitasking im Job und auch noch zuhause, lange Pendelstrecken durch die Großstadt, die Pausen werden genutzt, um noch ein paar Besorgungen zu machen – oder einfach ausgelassen, um früher nach Hause zu kommen.

Das Essen, das eigentlich in Ruhe und mit Genuss eingenommen werden sollte, wird schnell hinunter geschlungen, oder man beißt hier und da zwischendurch einmal vom mitgebrachten Brot ab und rast weiter zur nächsten Aufgabe. All das sind Faktoren, die die Verdauungsenergie weiter schwächen.

Natürlich ist es vollkommen verständlich, dass ein Mensch mit forderndem Job, energiegeladenen kleinen Kindern, anstrengendem Studium nicht morgens, mittags und abends am Herd stehen und in Ruhe überlegen kann, welche herrlichen Gerichte denn heute gekocht werden sollen. Aber es gibt ein paar hilfreiche Tipps, um das Prinzip Wärme in die tägliche Nahrung zu bringen, ohne sich heillos zu überfordern.

Nicht nur die Chinesen, auch die Deutschen wussten oder wissen eigentlich, welche Gewichtung das Essen im Tagesverlauf haben sollte: „Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein Edelmann und Abendessen wie ein Bettler“.

Frühstück!

Mit dem guten Auftakt in den Tag ist allerdings nicht das 6-Brötchen-Frühstück mit Wurst, Käse und Marmelade gemeint, sondern ein gehaltvolles, WARMES Frühstück. Das kann zum Beispiel so aussehen:

  • Haferflocken 5 – 10 Minuten köcheln lassen, in Reismilch, Mandel- oder Kokosmilch oder sogar Wasser, was man eben so mag. In diesen warmen Brei kann man dann durchaus Obst hinein schnippeln, das eine Weile mit kocht. Gojibeeren, Datteln, Feigen. Mit etwas Rohrohrzucker süßen oder Reissirup oder Melasse nehmen, eine Prise Zimt verstärkt noch den wärmenden Effekt.
  • Wer Haferflocken nicht ausstehen kann, möchte es vielleicht mit Hirse versuchen oder mit Dinkelgrieß oder Reis.
  • Und nicht jeder liebt unbedingt ein süßes Frühstück. Genauso gut lassen sich Hirse, Reis oder andere Getreide wie Quinoa mit einer Gemüse- oder Fleischbrühe kochen. Ein Ei dazu oder ein bisschen Gemüse hinein geben.

Das Mittagessen

Kantinen haben nicht zu Unrecht oft einen schlechten Ruf: viel Tiefkühlware (auch aufgewärmt gilt sie als energetisch kalt), minderwertiges Fleisch, das Beste ist dann oft die Salattheke, die ja leider die kälteste Nahrung auffährt. Eine Pizza auf die Hand, ein schnelles Falafel, die mitgebrachte Stulle oder besagte Rohkost-Box sind dann die Alternative – oder auch die gefühlt einzige Option, denn nicht jeder Arbeitsplatz bietet eine Kantine. Wer die Möglichkeit hat, zuhause zu kochen, ist dann klar im Vorteil. Alle anderen können jedoch auch etwas zumindest Vorgewärmtes mitnehmen. Die folgenden Zutaten sind für Menschen mit den oben genannten Verdauungsproblemen besonders geeignet:

* Weißer Reis, Kartoffeln, Kürbis, Karotten, Pastinaken, Süßkartoffeln, Mais, Kichererbsen

* Haferflocken, geröstete Gerste, Dinkel

* Fleisch (in kleineren Mengen) Huhn, Rind sowie Fisch

* Butter, Sahne, Olivenöl, Kokosfett (in geringen Mengen)

* anregende Gewürze (in geringen Mengen): Zwiebeln, Lauch, Knoblauch, Pfeffer, frischer Ingwer, Zimt, Muskat, Fenchelsamen

* zum Süßen: Palmzucker, Melasse, Reissirup, Datteln

Möglichst zu vermeiden sind hingegen diese Nahrungsmittel:

  • rohe und energetisch kalte Speisen: Salat, rohes Gemüse und Obst (insbesondere Zitrusfrüchte), Bier, Brot (insbesondere Weizenbrot), Mineralwasser – vor allem kohlensäurehaltiges (dieses gilt in der chinesischen Energetik als „eiskalt“, selbst wenn es Raumtemperatur hat)
  • Feuchtigkeit erzeugende Lebensmittel: Kuhmilch in größeren Mengen (ein Schuss Milch in den Kaffee ist völlig okay), Käse, Quark, Joghurt. Weißmehl- und zuckerhaltige Produkte. Nudeln. Schokolade.

Ein Eintopfgericht, zum Beispiel aus Kartoffeln, Gemüse und Rindfleisch lässt sich prima in einem Wärmebehälter mit auf die Arbeit nehmen. Es hält sich außerdem zwei bis drei Tage lang im Kühlschrank, man kann also vorkochen. Gleiches gilt für Reis mit Gemüse und andere warme Speisen.

Auch eine Alternative zur Rohkost-Snackbox lässt sich relativ leicht zusammenstellen. Gekochte kleine Kartoffeln einpacken, aus Reis kleine Bällchen formen und z.B. in Sesam wälzen, die Möhrensticks oder Broccoliröschen am Abend zuvor ein paar Minuten in wenig Wasser dünsten – sie sind dann immer noch fest und lassen sich zwischendurch aus der Tupperdose essen. Aber sie sind zumindest einmal mit Wärme „aufgeladen“ worden.

Statt Mineralwasser oder stillem Wasser lieber einen Kräutertee aufbrühen. Mittlerweile gibt es soviele Varianten und Geschmacksrichtungen, dass eigentlich für jede und jeden etwas dabei sein müsste. Statt der Wasserflasche eine Thermoskanne mitnehmen. Selbst wenn der Tee irgendwann abgekühlt ist – auch er war immerhin einmal heiß und trägt diese Energie weiter in sich.

Abendessen

Das gängige deutsche Abendbrot ist nicht die beste Wahl, wenn jemand zum Blähbauch neigt. Eine Suppe ist deutlich bekömmlicher. Und richtig: warm! Wer auf sein belegtes Brot nicht verzichten möchte, kann immerhin eine warme Note hinzufügen:

  • das Brot toasten
  • etwas Warmes dazu essen (ein Omelette z.B.)

Ein Salat muss auch nicht ausschließlich aus rohen Bestandteilen bestehen: gebratene Zucchini oder Auberginenstücke dazu geben, geröstete Brotwürfel, gedünstete Paprika oder im Ofen gebackene Tomaten. Meistens schmeckt es dann ohnehin viel besser.

Im ersten Schritt hilft es aber schon einmal, darum zu wissen, dass kaltes Essen plus Stress bei sehr, sehr vielen Menschen zu Verdauungsproblemen führt. Und dass man auch im Kleinen etwas für sich tun kann: Allein der Gedanke, gut für sich selbst zu sorgen, ist bereits Teil einer stärkenden und wohltuenden Nährung. Und es fällt mit der Zeit leichter, sich hier und da kleine Inseln fürs Essen zu schaffen, bewusst zu essen – und vor allem mit Genuss.